Buch

Leseprobe
"Dieter Wellershoff Eine Begegnung der besonderen Art"


Dieter Wellershoff hat davon gesprochen, dass seine Texte – egal, in welchem Genre er sie verfasst hat – in Beziehung zueinander stehen wie Varianten eines übergreifenden Gesamtthemas. Es ist ein fortschreitender Verzweigungsprozess, in dem aus einer Gestalt immer neue Varianten hervorgehen. Dieses übergreifende Gesamtthema ist der große Lebenstext, dem er die Stoffe seines Schreibens entlehnt. Sie handeln von den existentiellen Problemen der Menschen, denen die verbindlichen Weltbilder abhanden gekommen sind. Dieser Realität sind sie ausgeliefert – mehr oder weniger gut ausgestattet mit materiellen und intellektuellen Ressourcen. Sie müssen ihren Lebensweg finden; ihre Wahlen treffen; sich entscheiden; sich anpassen oder widersetzen.

Wellershoff hütet sich, Rezepte oder Lösungen vorzuschlagen. Das verbieten ihm schon seine Lebenserfahrungen. Am Schluss seines Romans Der Liebeswunsch  spricht er von der erbärmlichen Unbelehrbarkeit des Lebens. Aber sollte man ihn deswegen als Pessimisten bezeichnen? Keineswegs. Vielleicht eher als skeptischen Realisten, der um die Risiken und Nebenwirkungen des Lebens weiß. Sich dessen bewusst zu sein und nicht im Alltagstrott zu versinken – das ist das Credo seines Schreibens. Über diesem könnte ein Zitat von Imre Kertész, dem großartigen ungarischen Schriftstellerkollegen, stehen: Das Leben, das uns gegeben wurde, in vollen Zügen zu leben, das ist unsere Aufgabe, wo immer wir auch sind.

 

 

 

 

 

 



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