Leseprobe Hildesheimer fährt fort: ‚Bild’ bedeutet hier natürlich nicht Kunstwerk, nicht tabula, sondern imago: das von allein sich einstellende, zu Wiedergabe und Mitteilung sich ergebende Abbild als Mittel der Kommunikation. Erst durch einen kreativen Willensakt wird die imago zur tabula (oder pictura) geformt und dadurch zum Kunstwerk sublimiert. Dieser Akt ist zwar ein bewusster Vorgang – das Festhalten der Vision als handwerklicher Vollzug – doch schließt er begriffliches Denken nicht in sich ein. Die Denker unter den Malern sind denn auch selten; auch die Größten waren weniger Sucher im Abstrakten als Finder im Konkreten; und selbst die Erfinder unter ihnen, die Renaissancekünstler, wurden weniger von gedanklicher Spekulation geleitet als von Wissensdrang: weniger von einem Weltbild als von einem Wunschbild einer – wenn auch nur technischen – Erneuerung.
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